Schlagwort-Archive: AMNOG

AMNOG 2016

15.02.2017

AMNOG 2016 – was hat das Jahr gebracht?

Wie viele Verfahren mit Start im letzten Jahr wurden bereits abgeschlossen?

Von den 2016 begonnenen Verfahren wurden 51 bis zum 15.02.2017 abgeschlossen. In der hier gezeigten Darstellung wurden auch Neubewertungen berücksichtigt. Dabei zeigt sich deutlich, dass der seit Inkrafttreten des AMNOG bestehende Trend weitergeht: Mit 24 von 51 Verfahren machten onkologische Präparate die große Mehrheit aus. Die Bandbreite der Anwendungsgebiete umfasst zwar verschiedene onkologische Erkrankungen. Schwerpunkte sind jedoch Lungenkrebs und bösartige hämatologische Erkrankungen (jeweils 8 Präparate).

Nicht überraschend sind auf Platz 2 – allerdings mit deutlichem Abstand zu den Onkologika – Arzneimittel gegen Stoffwechselerkrankungen zu finden, die meisten davon (6 von 8 Präparaten) zur Behandlung von Typ-2-Diabetes.

Bei den infektiologischen Arzneimitteln, die mit 5 Anträgen auf Platz 3 folgen, handelt es sich in erster Linie um Medikamente zur HIV-Therapie (4 von 5 Präparaten).

Zusatznutzen – ja oder nein?

Berücksichtigt man bei der Bewertung nach Subgruppen jeweils nur die höchste Klassifikation von "nicht quantifizierbar" über "gering" und "beträchtlich" bis hin zu "erheblich" und lässt die Kategorien "Beleg", "Hinweis" und "Anhaltspunkt" außen vor, zeigt sich auf den ersten Blick ein recht positives Bild. Immerhin haben mehr als die Hälfte aller Präparate mit Verfahrensstart 2016 für mindestens eine Subgruppe vom G-BA einen Zusatznutzen zugesprochen bekommen. Allerdings gingen 14 der Medikamente als "Orphan Drugs" ins Rennen und sind somit dem positiven Trend nur bedingt zuzurechnen. Ihr Zusatznutzen gilt bereits mit der Zulassung als belegt, die Bewertung des G-BA lautet in den meisten Fällen "nicht quantifizierbarer Zusatznutzen".

Im Bereich Onkologie sieht es bei der reinen Ja-Nein-Frage sogar noch etwas besser aus. Zwei Drittel der Medikamente (16 von 24) erhielten eine positive Nutzenbewertung für mindestens eine Patientengruppe; 6 davon werden jedoch auch offiziell als "Orphan Drugs" eingeordnet.

Ausmaß des Zusatznutzens in allen Indikationen und in der Onkologie

Auch bei der Darstellung des Ausmaßes wurde hier nur die jeweils höchste Subgruppen-Bewertung berücksichtigt. Dabei fällt sofort auf: Von den 5 möglichen Bewertungen vergab der G-BA "kein Zusatznutzen" insgesamt am häufigsten – und zwar sowohl bezüglich aller Indikationen als auch im onkologischen Bereich.

Während die beste Bewertung "erheblicher Zusatznutzen" bei Anträgen mit Start im Jahr 2016 bislang gar nicht vergeben wurde, lag die zweitbeste Bewertung "beträchtlicher Zusatznutzen" immerhin 8-mal vor. In 6 von 8 Fällen betraf das wiederum onkologische Präparate.

Datenquelle: https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/

Abbildungen: © Dittmann Medical Writing 2017, eigene Darstellung

 

zurück zur Artikelübersicht

 

Orphan Drugs

01.03.2016

Orphan Diseases und Orphan Drugs: Welchen Wert hat Seltenheit?

Seit 2007 findet jedes Jahr am letzten Tag des Februars der „Rare Disease Day“ (Tag der seltenen Erkrankungen) statt. Das Hauptanliegen dieses Aktionstages ist es, das Bewusstsein für seltene Erkrankungen und deren Einfluss auf das Leben der Betroffenen bei der Bevölkerung und bei Entscheidungsträgern zu stärken.

Seltene Erkrankungen sind häufig

Laut Schätzungen sind heute weltweit ca. 6000 bis 8000 seltene Erkrankungen bekannt. Um in der EU als Orphan Disease zu gelten, darf eine Erkrankung nicht mehr als 1 von 2000 Menschen betreffen. In den USA ist eine Erkrankung selten, wenn zu keinem Zeitpunkt mehr als 200.000 der insgesamt ca. 320 Millionen US-Amerikaner an ihr leiden. Durch die Vielzahl der inzwischen bekannten seltenen Erkrankungen sind allerdings insgesamt viele Patienten betroffen. Allein in Deutschland sind es etwa 4 Millionen, in der EU geschätzte 30 Millionen Menschen.

OrphanDrugs

Der lange Weg zur Diagnose

Patienten mit einer seltenen Erkrankung erhalten häufig erst viele Jahre nach dem Auftreten der ersten Symptome eine korrekte Diagnose. In der Zwischenzeit fühlen sie sich von ihren Ärzten oft missverstanden oder vernachlässigt. Selbst nach der Diagnose geht der Leidensweg meist weiter: Wegen der geringen Fallzahlen ist nur wenig über die Symptome, Ursachen, Behandlung und Prognosen bekannt, und es stehen kaum Arzneimittel zur Verfügung.

Seit 2009 sollen spezielle Zentren für seltene Erkrankungen (ZSE) diesen Patienten in Deutschland schneller helfen. Die aktuell 25 Zentren koordinieren die Spezialambulanzen innerhalb ihrer Universitäts-Klinik und sind auch untereinander vernetzt. Außerdem können Datenbanken für seltene Erkrankungen wie www.orpha.net mit digital verfügbaren Informationen dabei helfen, ausgefallene Symptome zu erkennen.

Das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit seltenen Erkrankungen (NAMSE) steuert seit 2010 deutschlandweit die Schritte eines Aktionsplans, um die Situation für die Betroffenen weiter zu verbessern.

Arzneimittelforschung zu Orphan Drugs

Lange Zeit galt die Arzneimittelforschung im Bereich der „Waisenkinder der Medizin“ als unrentabel und schwer durchführbar. Wenn Medikamente nur einigen Hundert Patienten nützen können, lohnt sich der hohe finanzielle und bürokratische Aufwand für Pharmaunternehmen oft nicht. Und wenn nur wenige Patienten mit der entsprechenden Erkrankung rekrutiert werden können, müssen klinische Studien international und multizentrisch durchgeführt werden, was sie aufwendiger und langwieriger macht.

Die EU-Verordnung zu Orphan Drugs im Jahr 2000 ermöglichte Pharmaunternehmen einen leichteren und kostengünstigeren Marktzugang für solche Arzneimittel und brachte damit einen deutlichen Wandel: In den vergangenen 15 Jahren wurden immerhin 117 Arzneimittel zur Behandlung seltener Erkrankungen zugelassen.

Trotz Sonderstatus im AMNOG – Uneinigkeit zwischen Pharmaunternehmen und Kassen auch bei Orphan Drugs

Im Vergleich zu anderen Arzneimitteln durchlaufen Orphan Drugs ein etwas vereinfachtes AMNOG-Verfahren: Zwar werden ebenso umfangreiche Dossiers benötigt, der prinzipielle Zusatznutzen gilt aber bereits mit der Zulassung als belegt. Der Gemeinsame Bundesausschuss entscheidet nur über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Erst wenn ein als Orphan Drug zugelassenes Arzneimittel den GKV-Jahresumsatz von 50 Millionen Euro überschreitet, wird eine vollständige AMNOG-Bewertung fällig. Dies soll unter anderem die den Pharmaunternehmen von den Kassen unterstellte vorsätzliche „Orphanisierung“ bzw. das „Slicing“ eindämmen: Darunter versteht man die Zulassung eines Arzneimittels für eine sehr eng definierte Indikation, die anschließend nach und nach um weitere eng definierte Indikationen erweitert wird.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hält dagegen, dass solche Fälle eine Ausnahme sind und klinische Studien zu Orphan Drugs die Hersteller weiterhin herausfordern. Für jede neue Indikation müssen neue klinische Studien durchgeführt werden, so dass der Aufwand für jede Zulassungserweiterung gleich hoch bleibt. Nur in Bezug auf die Sicherheit des Arzneimittels darf auf Vorerfahrungen zurückgegriffen werden.

Auch in puncto Kosten gehen die Meinungen zwischen Kassen und Pharmaunternehmen nach wie vor auseinander. Während die Kassen überzogene Preise für Orphan Drugs kritisieren, entgegnen der BPI und der Verband der forschenden Arzneimittelunternehmen vfa, dass Orphan Drugs als Nischenpräparate nur 3,3 Prozent aller GKV-Arzneimittelausgaben und damit weniger als 10 Millionen Euro pro Jahr ausmachen.

zurück zur Artikel-Übersicht

AMNOG

11.02.2016

Mögliche Neuerungen für das AMNOG 2.0

Der Pharmadialog zwischen Industrie und Regierung anlässlich des Arzneimittelneuordnungsgesetzes (AMNOG) ist seit Januar 2016 abgeschlossen. Eine offizielle gemeinsame Erklärung wird am 12. April 2016 verabschiedet werden. Im Anschluss sollen die angekündigten Änderungen am AMNOG vorbereitet und – unabhängig von der geplanten 4. Neuerung des Arzneimittelgesetzes – in Angriff genommen werden.

Das AMNOG wurde in den vergangenen Jahren viel diskutiert und von verschiedenen Seiten kritisiert. Hier finden Sie einige Punkte, aus denen sich mögliche Neuerungen ergeben können:

AMNOG

Verordnungshürden

Eine Umfrage der Techniker Krankenkasse ergab: Ärzte entschließen sich deutlich häufiger durch eine fachliche Fortbildung als durch die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung dazu, ein neues Arzneimittel zu verschreiben. Ein Hindernis bei der optimalen Versorgung mit Arzneimitteln stellen oftmals Leitlinien dar: Ärzte sollen Medikamente und Therapien gemäß der Leitlinien verordnen. Diese sind aber in vielen Fällen nicht auf dem aktuellen Stand und führen veraltete Therapieoptionen auf.

Sonderfall chronische Erkrankungen

Neue Medikamente zur Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Epilepsie oder Diabetes sind bereits am AMNOG gescheitert und stehen somit Patienten in Deutschland nicht zur Verfügung. Da bei chronischen Erkrankungen keine harten Endpunkte wie die mittlere Überlebenszeit erhoben werden können, steht die Evidenz der klinischen Studien auf wackligeren Füßen als zum Beispiel bei onkologischen Präparaten. Das macht es schwieriger, einen Zusatznutzen zu belegen. Diskutiert werden patientenrelevantere Endpunkte und die Berücksichtigung von Behandlungsfolgekosten.

Referenzpreisland Deutschland

Die Arzneimittelpreise in Deutschland dienen anderen Ländern häufig als Referenz. Wenn ein Unternehmen dadurch seine globalen Preise aufs Spiel setzt, kann es das Arzneimittel in Deutschland vom Markt nehmen. Das Medikament steht damit Patienten in Deutschland nicht mehr oder nur eingeschränkt zur Verfügung. Ist dieses Medikament für die Patientenversorgung aber wichtig und muss als Re-Import aus einem anderen Land eingeführt werden, entstehen hohe Kosten für das Gesundheitssystem.

Die Zeitspanne der freien Preisbildung

Erörtert wurde unter anderem auch, wie lange eine freie Preisbildung möglich sein sollte. Während es bislang 12 Monate sind, könnte diese Spanne auf 7 Monate verkürzt werden.

zurück zur Artikel-Übersicht