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IVD-Verordnung

31.07.2017

Die neue IVD-Verordnung: Wie wirkt sie sich auf klinisch-wissenschaftliche Aspekte und deren Dokumentation aus?

IVD vs. MDR - welche Unterschiede gibt es bei den Rahmenbedingungen?

Während die neue europäische Medizinprodukte-Verordnung (Medical Devices Regulation; MDR 2017/745) spätestens seit Veröffentlichung der finalen Version im Mai 2017 in aller Munde ist, führt die gleichzeitig erlassene Verordnung für In-vitro-Diagnostika (In Vitro Diagnostic Medical Devices Regulation; IVDR 2017/746) vergleichsweise ein mediales Schattendasein. Dabei sind Diagnostika-Hersteller von ebenso vielen Änderungen betroffen wie Medizinprodukte-Hersteller. Allerdings dürfen sie sich über eine längere Übergangsfrist von 5 Jahren freuen und haben somit 2 Jahre mehr Zeit als Medizinprodukte-Hersteller, die Änderungen zu implementieren.

Neue IVD-Verordnung um einiges umfangreicher als alte Richtlinie

Die neue IVD-Verordnung ist in 10 Kapiteln organisiert, die aus insgesamt 113 Artikeln bestehen. Außerdem gibt es 14 Anhänge. Und damit ist auch gleich klar: Im Vergleich zur alten Richtlinie 98/79/EG für In-vitro-Diagnostika ist das neue Werk um einiges umfangreicher. Einige Konzepte der alten Richtlinie (z. B. grundlegende Anforderungen, Konformitätsbewertungsverfahren und das Einbeziehen benannter Stellen) wurden zwar weitestgehend beibehalten, wichtige Änderungen gibt es aber zu Genüge.

Diese Änderungen wirken sich auf klinisch-wissenschaftliche Aspekte und deren Dokumentation aus:

1. Neue Klassifikation der Produkte

Produkte werden nun ihrem Risiko entsprechend in 4 Klassen eingeteilt: Statt der vorherigen Listen A und B reicht die Einteilung abgestuft von Klasse A (unkritische Produkte) bis zu Klasse D (höchstkritische Produkte). Aus den neuen Klassen ergeben sich auch neue Anforderungen an die Dokumentation, besonders für die Klassen C und D. Außerdem unterscheidet die IVDR noch weiter — nämlich in Produkte zur Eigenanwendung (durch Patienten/Laien), Produkte für patientennahe Tests, therapiebegleitende Diagnostika und mehr.

2. Klinische Evidenz und klinische Leistungsstudien

Die Anforderungen an die Durchführung klinischer Leistungsstudien haben sich ähnlich stark erhöht wie für Medizinprodukte. Gab es in der IVDD 98/79/EG noch kaum einen Hinweis dazu, liegt jetzt ab Artikel 57 ff. ein umfassender Anforderungskatalog vor. Verzichten kann man künftig auf klinische Leistungsstudien nur, „wenn es ausreichende Gründe dafür gibt, auf andere Quellen klinischer Leistungsdaten zurückzugreifen.“ Welche Gründe im Einzelfall ausreichen würden, wird allerdings nicht genauer erläutert.

Die klinische Evidenz besteht aber nicht nur aus der analytischen Leistung und der klinischen Leistung, sondern auch aus der wissenschaftlichen Validität. Letztere müssen die Hersteller ab jetzt nachweisen, indem sie unter anderem systematische Literatursuchen, Expertengutachten von Fachorganisationen oder Studienergebnisse zum Nachweis des Wirkprinzips bereithalten.

3. Post-Market Surveillance (Marktüberwachung)

Auch dieser Punkt ist neu. Hersteller müssen ab jetzt einen Marktüberwachungsplan erstellen, der z. B. die Sicherheit, die klinische Leistungsfähigkeit und das Risiko-/Nutzen-Verhältnis abdeckt. Darüber hinaus sind Hersteller von Produkten der Klassen A und B verpflichtet, einen Marktüberwachungsbericht zu erstellen und diesen bei Bedarf zu aktualisieren. Unternehmen, die Produkte der Klassen C und D herstellen, trifft es jedoch härter: Ähnlich wie pharmazeutische Unternehmen müssen sie nun bei Bedarf, jedoch mindestens einmal im Jahr, einen regelmäßig aktualisierten Sicherheitsbericht (Periodic Safety Update Report; PSUR) erstellen.

Und das sind nur drei ausgewählte Beispiele. Strengere Regelungen gelten zukünftig im Risikomanagement, im Qualitätsmanagement, bei Kennzeichnung und Gebrauchsanweisungen sowie für benannte Stellen und bei vielem mehr!

Quellen:

  • Verordnung (EU) 2017/746 des europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission
  • Richtlinie 98/79/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika

Abbildungen: © Dittmann Medical Writing 2017, eigene Darstellung

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