Erstellt 17.08.2018, aktualisiert 29.05.2024
Text-Recycling in wissenschaftlichen Publikationen – was AutorInnen wissen sollten
Dass Plagiarismus (z. B. das Verwenden von Textpassagen fremder Autoren ohne entsprechende Kennzeichnung) als wissenschaftliches Fehlverhalten gilt, ist unbestritten. Doch wie sieht es eigentlich mit dem Vorwurf des Selbst-Plagiats aus, wenn man eigens erstellte Texte oder Teile davon wiederverwenden möchte? Das Thema Text-Recycling befindet sich mitten in einer Grauzone, weshalb es sehr unterschiedliche Meinungen provoziert.
Was genau ist Text-Recycling?
Unter Text-Recycling versteht man das Wiederverwerten von Textteilen aus der eigenen Feder. Rechtlich ist dies grundsätzlich von „echtem“ Plagiarismus abzugrenzen, weil man das Urheberrecht im engeren Sinne sich selbst gegenüber nicht verletzen kann.
Häufige Gründe für Text-Recycling in Publikationen:
- Wiederverwendung von Text in der Einleitung – weil man z. B. an einem komplexen Thema arbeitet und dazu verschiedene Studien mit identischem oder überlappendem wissenschaftlichen Hintergrund durchführt
- Wiederverwendung von Text im Methodenteil – wenn für unterschiedliche Studien gleiche Methoden verwendet werden
- Wiederverwendung von Textteilen in der Diskussion – dies kann unter Umständen vorkommen, siehe auch Einleitung, jedoch maximal partiell
Dies fällt NICHT unter Text-Recycling:
- Wiederverwendung von Text und Daten im Ergebnisteil – die redundante Publikation von Daten, die bereits anderweitig veröffentlicht wurden, stellt ein separates Problem dar, das über Text-Recycling hinausgeht
Mögliche Konsequenzen
Viele Journals verlangen heutzutage, dass Autoren vor Veröffentlichung des Artikels ein Copyright Transfer Agreement ausfüllen und damit die Nutzungsrechte an der Publikation auf den Verlag übertragen. Dies betrifft selbstverständlich nicht nur den gesamten Artikel, sondern auch Auszüge daraus. Hieraus können sich ungeahnte Schwierigkeiten ergeben, die jedoch vom Umfang schwer abzuschätzen sind. Übrigens verwendet inzwischen ein Großteil der Journals routinemäßig sogenannte Plagiarism Checkers, Onlinetools oder Software zum Aufspüren von Übereinstimmungen zwischen Artikeln.
Wenig Orientierung durch Guidelines
Auch wenn sich Autoren in jüngster Zeit zunehmend an Reporting Guidelines wie denen vom International Committee of Medical Journal Editors (ICMJE) orientieren können, gibt es beim Thema Text-Recycling immer noch Nachholbedarf. Selbst die 2024 aktualisierten ICMJE-Empfehlungen beinhalten diesen Aspekt noch nicht und gehen lediglich auf Overlapping Publications (Duplicate Submission, Duplicate and Prior Publication, Acceptable Secondary Publication, Manuscripts Based on the Same Database) ein. Dafür stellt jedoch COPE, das Committee on Publication Ethics, Editoren einen Leitfaden zum Umgang mit Text-Recycling zur Verfügung. Dieser richtet sich somit zwar primär an die Herausgeber der Journals, enthält jedoch auch nützliche Informationen für Autoren. Text-Recycling wird darin vor allem nach dem Umfang, der Stelle im Manuskript und dem Vorhandensein einer Referenzierung bewertet. Wurden nur wenige Sätze oder ganze Absätze übernommen? Wo findet sich wiederverwendeter Text? Dies wird am ehesten im Methodenteil und ggf. in der Einleitung akzeptiert, während es im Ergebnisteil (Daten-Recycling) nicht akzeptabel und in der Diskussion nur in sehr geringem Umfang akzeptabel ist. Text-Recycling in der Schlussfolgerung impliziert, dass die Daten nicht neuartig sind.
Fünf Tipps für AutorInnen:
- Seien Sie sich der Problematik des Text-Recyclings beim Verfassen einer Publikation bewusst
- Informieren Sie sich über Copyright-Bestimmungen der Verlage
- Versuchen Sie, Text-Recycling möglichst zu vermeiden
- Formulieren und strukturieren Sie Textabschnitte so um, dass diese nicht als Selbst-Plagiat zu beanstanden sind
- Referenzieren Sie übernommene eigene Textteile, wie sie im Methodenteil am ehesten akzeptabel sind, entsprechend
Quellen:
Roig, M. Avoiding plagiarism, self-plagiarism, and other questionable writing practices: A guide to ethical writing. (2006). Revised in 2015. Vollständiger Artikel hier verfügbar
Text recycling guidelines: COPE 2020. Vollständige Guidelines hier verfügbar
Gilliver, S. Forgive me for repeating myself: Self-plagiarism in the medical literature. Medical Writing 2012; 21(2): 150–153. Vollständiger Artikel hier verfügbar
Abbildung: © Dittmann Medical Writing 2018, eigene Darstellung